Psychiatrische Pflege will und kann aktiv gestalten
Pflege gestaltet Versorgung
Erste Jahrestagung der Deutschen Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege (DFPP) 2019 in Köln
Ein Tagungsbericht von Philip Niesing (LWL Gütersloh)
Am 28. und 29. März 2019 fand in der Uniklinik Köln unter dem Thema Pflege gestaltet Versorgung die erste Jahrestagung der DFPP mit 200 Teilnehmenden aus dem gesamten Bundesgebiet statt. Die Freude über die hohe Teilnehmerzahl und die Anzahl an interessanten Referenten spiegelte sich bei den Worten zur Begrüßung in den Gesichtern der Präsidentin der DFPP Frau Dorothea Sauter und der Pflegedirektorin der gastgebenden Uniklinik Köln Frau Lux wider.
Innovation durch die psychiatrische Pflege
Den inhaltlichen Auftakt machte Dr. phil. Dirk Richter. Unter der Fragestellung „Was hat die psychiatrische Pflege zur Innovation der Versorgung beigetragen und in welche Richtung sollten sich Pflege und Versorgung zukünftig entwickeln?“ konnte er aufzeigen, dass die psychiatrische Pflege besonders in den Bereichen Aggressionsmanagement, Recovery-Orientierung und aufsuchender Versorgung ein besonderes Engagement gezeigt und damit zu einer besseren Versorgung psychisch erkrankter Menschen beigetragen hat. Mit dem Konzept „Person-Driven-Care“ und den damit verbundenen Themen unterstützter Entscheidungsfindung, selbstbestimmter Medikation oder der Diversität von Krankheitsbildern zeigte er zudem Entwicklungsperspektiven für die psychiatrische Versorgung auf.
Kompetenzprofile der Zukunft
Anschließend referierte Frau Prof. Dr. Brigitte Anderl-Doliwa zu dem Thema „Zukunftsfähige Kompetenzprofile für psychiatrisch Pflege“. Demokratisierung, Deinstitutionalisierung und Personenzentrierung führen dazu, dass Berufsgruppen verschwimmen. Für die psychiatrische Pflege ergeben sich daraus neue Kompetenzprofile, die wiederum neue Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeitenden stellen. In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde diese Frage aufgegriffen und unter dem Titel „Mehr Kompetenz für die Pflege – ein Vorteil für Patienten und für die Berufsgruppe?“ diskutiert. An der Podiumsdiskussion nahmen Sandra Postel (Landespflegekammer Rheinland Pfalz), Prof. Dr. med. Thomas Pollmächer (Ingolstadt), Prof. Dr. Michael Schulz (LWL Gütersloh), Vera Lux (Pflegedirektorin Uniklinik Köln), Giasmina Talmon (Gesundheits- und Krankenpflegerin) und Tim Neunhöfer (Genesungsbegleiter) teil. Die offene und streitlustig geführte Diskussion vor allem zwischen den Vertretern der Pflege und Prof. Dr. Thomas Pollmächer führte auch zu manch heiteren Momenten. Die Diskussion beschäftigte sich mit den Sorgen und Nöten der Basis als auch mit übergeordneten Themen wie Gesamtverantwortung (Pflege oder Medizin?), Skill-Mix und Akademisierung.
Den Abschluss des ersten Tages bildete ein Come-together im Brauhaus Pütz, wo zu traditioneller rheinischer Kost nicht nur etliche Kölsch getrunken, sondern auch Kontakte gepflegt und neu geknüpft wurden.
Konzepte der Zukunft
Am zweiten Tag der Tagung wurden durch drei sehr interessante Vorträge neue Handlungsfelder, Konzepte und Kompetenzprofile der psychiatrischen Pflege anhand spezifischer Beispiele dargestellt. Den Auftakt machte Martin Holzke (ZfP Südwürttemberg), der die Stationsäquivalente Versorgung (StäB) als neues Handlungsfeld der Pflege und als Möglichkeit einer erweiterten Verantwortungsübernahme durch die Pflegenden beschrieb. Udo Janning, Projektleiter Buurtzorg Deutschland, konnte durch seine heitere Vortragsart die Teilnehmenden für das aus den Niederlanden stammende Buurtzorg-Modell, das sich stark auf die Nachbarschaftshilfe und Gemeindepflege anlehnt, begeistern. Als dritter Referent erörterte Prof. Dr. Pascal Wabnitz (Fachhochschule der Diakonie, Bielefeld), selbst ausgebildeter Psychotherapeut, die Möglichkeit, dass psychiatrisch Pflegende in Zukunft vermehrt niederschwellige psychotherapeutische Angebote anbieten und welche Kompetenzen dazu nötig sind.
Austausch, Ideen und Anregungen
Nach einem Symposium der DFPP Arbeitsgruppen folgten sechs Workshops, in denen die Themen der Vorträge und weitere Arbeitsfelder der psychiatrischen Pflege im direkten Austausch mit einem Experten besprochen und reflektiert werden konnten.
Für mich als Berufseinsteiger in der psychiatrischen Pflege hat der Besuch der Tagung wertvolle Kontakte, Anregungen und Ideen gebracht. So sahen es auch die anderen Teilnehmer, die sich im Rahmen der Verabschiedung sehr positiv über die Inhalte und den Veranstaltungsrahmen äußerten. Ich sehe es als meine Aufgabe an, und darin hat mich die Tagung bestärkt, ein engagierter Teil des Innovationsmotors psychiatrische Pflege zu sein, an der Entwicklung neuer Kompetenzen zu arbeiten und für mehr Verantwortungsübernahme zu kämpfen.