Die Chance für ein Suizidpräventionsgesetz nutzen

Gesetzliche Neuregelung der Suizidassistenz notwendig

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 26.02.2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (§ 217 StGB) für nichtig erklärt. Ein Versuch einer Neuregelung scheiterte am 06.07.2023 im Bundestag (Link Bundestag). Damit bleibt Suizidassistenz in Deutschland weiterhin ohne gesetzliche Regelung. Aus Sicht der Deutschen Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege und anderer Verbände ist das stattgefundene Verfahren kritisch zu betrachten, da die gesetzliche Neuregelung der Suizidbeihilfe im Eiltempo und ohne ausführliche Debatte, noch vor der Sommerpause, durch den Deutschen Bundestag gebracht werden sollte. Die beiden vorgelegten Gesetzentwürfe von Helling-Plahr und Künast et al. wurden erst kurz vor der Abstimmung zusammengeführt, während der Antrag von Castellucci et al. noch kurzfristig überarbeitet werden sollte. Aufgrund des begrenzten Zeitrahmens war eine ausführliche Auseinandersetzung zu den jeweiligen Entwürfen im Parlament und im gesellschaftlichen Diskurs nicht möglich.

Suizidpräventionsgesetz soll kommen

Vor dem Hintergrund der Abstimmung über die Gesetzentwürfe zur Neuregelung des assistierten Suizids forderte die DFPP, gemeinsam mit anderen Institutionen und Fachgesellschaften ein Suizidpräventionsgesetz noch in dieser Legislaturperiode. Der Aufruf fand insofern Gehör, als mehr als 99 % der Bundestagsabgeordneten für den Antrag „Suizidprävention stärken“ stimmten. Damit wird die Bundesregierung aufgefordert, bis zum Jahresende 2023 ein zielgerichtetes Konzept vorzulegen, wie die bestehenden Strukturen und Angebote der Suizidprävention unterstützt werden können. Ergänzend soll dem Bundestag bis zum 30.06.2024 ein Gesetzentwurf und eine damit verbundene Strategie vorgelegt werden, welcher Maßnahmen zu folgenden Punkten beinhaltet:

  • Nachhaltige Unterstützung bereits bestehender Angebote zur Intervention bei suizidalen Krisen
  • Etablierung eines deutschlandweiten Suizidpräventionsdiensts
  • Entwicklung einer bundesweiten, langfristigen und zielgruppenspezifischen Aufklärungs- und Informationskampagne zur Entstigmatisierung und Suizidprävention
  • Auf- und Ausbau effektiver Methodenrestriktionen (unter anderem durch suizidpräventive bauliche Maßnahmen)
  • Entwicklung von Fort- und Weiterbildungsangeboten für Akteure iim Gesundheitswesen

Schutz von Menschen in suizidalen Krisen

Die Deutsche Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege begrüßt die Entscheidung des Bundestages, die Suizidprävention konsequent zu fördern. Allerdings bedarf die gesetzliche Ausgestaltung der Suizidassistenz noch einer eingehenden Debatte, um den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere der Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit, in vollem Umfang gerecht zu werden. Andernfalls ist der Schutz von Menschen in suizidalen Krisen nicht gewährleistet. (rz)